Bankdrücken…

Zwei halbwegs ausgebildete Kinderärzte, zurück auf der Schulbank. Ehrlich, es macht uns einen Riesenspaß! Ist das Verb regulär oder – hoffentlich nicht schon wieder – irregulär? Was war denn eigentlich noch mal ein Possessivpronomen? Und, falls nötig, kann Marc einfach alles im Präsens ausdrücken, wir raten dann, ob er gestern, heute oder morgen ein gutes Stück Schwein gegessen hat… Hui, die Hirne sind in den letzten 15 Jahren, seit Schulende, doch etwas gealtert, aber da geht trotzdem noch was!! Und es ist, neben all dem Medizin-Schmu doch noch Platz für Neues!
Seit dem letzten Montag sind wir „Estudiantes“ der „Academia de Espanol de Quito“ (Danke für den Tip, Kerstin!).

Lernen mit Aussicht

Im Einzelunterricht, ich mit „Profesora“ Diana, Marc mit Rosella versuchen wir wieder da anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben. Für mich bedeutet das, dass ich mich an die Dinge erinnern muss, die ich zwischen Klasse 9 und 13 (mit einem Jahr Pause) in der Schule gelernt habe, Marc hingegen könnte etwas entspannter an die Sache gehen, hat er doch bisher nur Erfahrung mit „Gloria“, seiner virtuellen Spanischlehrerin vom Lernprogramm auf unserem Computer. Natürlich geht es ihm aber trotzdem nicht schnell genug. Ich bin sehr stolz auf ihn, gestern hat er endgültig die Kommunikation in der Öffentlichkeit übernommen, hat Weisswein, Bier und Wasser bestellt, nur warum er den Kellner zum Schluss um „die Vierzig“ („La quarenta por favor!“) gebeten hat, wissen weder ich noch der Angesprochene (bezahlen durften wir „la quenta“ trotzdem)… Okay, an dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass ich alle Philippinischen Damen als „billig“ bezeichnet habe, dabei ähnelt das Wort dem gewünschten „schlank“ kein bisschen…
Das Unterrichtskonzept finden wir prima, am Vormittag Einzelunterricht, mit einer kurzen Pause auf der Dachterrasse der Schule, am Nachmittag Ausflüge in und um Quito mit einer Lehrerin, die uns Stadt, Land und ihr Privatleben in aller Ausführlichkeit erklärt… Dabei haben wir uns Museen und den Präsidentenpalast angesehen, und am Donnerstag waren wir am Äquator.

Der Nabel der Welt!

Dort haben wir endlich den Beweis gesehen, Ihr wisst schon, die Geschichte mit der Klospülung! Ja, das Wasser dreht sich auf dem Äquator gar nicht auf dem Weg in den Abfluss, nur zwei Meter südlich mit und 2 Meter nördlich gegen den Uhrzeigersinn (oder umgekehrt?). Ja, und es ist möglich, auf dem Äquator ein Ei senkrecht aufzustellen, ohne dass es umfällt. Alles was man braucht ist eine ruhige und vor allem weibliche Hand. Alle Mädels haben es geschafft, und keiner von den Herren…ätsche!

Das Ei steht!

Wenn es gerade keinen kulturellen Input gab, durften wir stattdessen unserer Lieblingsbeschäftigung nachgehen: ESSEN! Diana zeigt uns jeden Tag neue ecuadorianische Spezialitäten, wie „Granadilla“, eine süß-säuerliche Frucht, die fast nur aus Kernen besteht, aber sehr lecker ist (nebenbei bemerkt, die erste „Beikost“ für hiesige Säuglinge, von Kernen befreit). In der Markthalle, nur wenige Schritte von unserer Schule waren wir schon mehrfach mit ihr zum Mittagessen, wissen erst jetzt, wie viele verschiedene Sorten Mais es gibt. Leider sorgt Marcs Experimentierfreude dafür, dass wir demnächst nicht mehr gemeinsam unsere Mahlzeiten einnehmen können: seine Suppe vom Dienstag enthielt größere Mengen tierischen „Innenlebens“ und ich war lange damit beschäftigt, mich zu fragen, wer in unserer Nähe sein „Geschäft“ unter den Tisch gemacht haben könnte, bis ich verstand, dass der Geruch von Marcs Essen kam… Da ist mir der Appetit dann endgültig vergangen, und die nächste Kuß-Option habe ich auf die 2. Septemberwoche verlegt… Hatte ich erwähnt, dass unsere neue Lieblingssüßigkeit „Kacka de perro“, also „Hundekacke“ heißt? Keine Sorge, ich esse daran mit, es sind kandierte geröstete Maiskerne, und sie haben ihren Namen nur von ihrem Welpenausfuhr ähnelnden Aussehen… Was wir bisher nicht gesehen haben, sind Meerschweinchen…außer im lebendigen Zustand (der Museumsführer hat uns beigebracht, dass man mit Essen nicht spielt, also durften wir sie nicht streicheln…)

Mahlzeit...

Großen Spaß macht uns unsere derzeitige Unterbringung. Wir wohnen im Kellerloch der Familie Grijalva…naja, das Haus ist an den Hang gebaut, also haben wir trotz treppabwärts ein Zimmer mit Tageslicht. Ein eigenes Bad, einen Fernseher mit einem Programm und Internet frei. Und dann natürlich: herzlichen Familienanschluss. Außer uns leben noch eine 21-jährige Ingenieurwesen-Studentin und eine Mittvierziger-Bankangestellte hier, als Untermieter. Zudem verstecken sich irgendwo im Haus die erwachsenen Kinder, die aber nie in der Öffentlichkeit auftreten, sowie die Mutter der Hausherrin, welche von schichtarbeitenden Krankenschwestern rund um die Uhr betreut wird, und den ganzen Tag im ersten Stock vorm Fernseher sitzt und freundlich grüßt, wenn man das Haus betritt. Jeden Abend gibt es eine warme Mahlzeit in großer Runde, wobei wir fleißig versuchen, am Gespräch teilzunehmen, denn das ist schließlich der Sinn dieser ganzen Unternehmung. Unsere Gastgeber Susana „Susi“ und Antonio sind sehr bemüht und freundlich, versorgen uns mit gefährlich gutem und reichhaltigen Essen (nein, Hella, ich tu, was ich kann!) und zweimal täglich frisch gepresstem Saft aus den abgefahrensten Früchten (Baumtomate???? Lecker!).
Die Rückkehr in die Zivilisation – Buda war WIRKLICH ganz was anderes – ist uns, wie Ihr wisst, nicht ganz leicht gefallen. Aber nachdem wir ausgeschlafen hatten, konnten wir endlich anfangen, diese neue Stadt zu erobern. Ungewohnt ist weiterhin die Notwendigkeit, vorsichtig zu sein. Dies ist halt eine südamerikanische Großstadt, da gibt es nicht nur nette Buben… Also lassen wir einfach fast alle Wertsachen daheim, haben eine mittelmäßig hübsche Touristentasche gekauft, in welche wir Marcs Fototasche eingenäht haben, und nehmen aber auch diese nur mit, wenn wir gute Motive erwarten. Die Stadt hat uns schon beim Blick aus dem Flugzeugfenster schwer beeindruckt. Zwischen Vulkanen, auf einem Plateau auf über 2800 Metern Höhe, sah die Stadt aus wie ein riesiger Teppich.

Ein großer grauer Teppich, mittendrin die Basilika

Die Menschen um uns herum sind weiterhin genauso gemütlich unterwegs, wie auf den Philippinen, nur gibt es plötzlich wieder mehr Autos, und keine Jeepneys mehr… Als Fußgänger ist man weiterhin ganz alleine für sein Überleben verantwortlich, Zebrastreifen sind mehr Straßendeko als Grund für Autofahrer zum Langsamfahren. Die Leute sind weiterhin ausgesprochen freundlich. Ihre Herkunft können wir inzwischen immer besser zuordnen, so merkt man schnell, dass „Küstenkinder“ mit weniger Konsonanten aufgewachsen sind, als andere. So verlangen Taxifahrer, die von der Küste kommen nicht „dos dollares“ sondern „do_ dollare_“. Naja, man hört sich so allmählich rein, und bislang haben wir (wissentlich) noch keine Zeche geprellt. Die Fortbewegung mit sämtlichen Verkehrsmitteln ist hier vergleichsweise günstig. So zahlt man für ein Taxi zwischen 1,5 und 4 Dollar, kann dafür fast die ganze Stadt einmal durchqueren. Und die in rascher Folge verkehrenden Busse kosten 25 Cent pro Fahrt, egal, wie weit man fahren möchte. Ähnliches gilt für die Überlandbusse, sagt der Reiseführer, aber diese werden wir erst in ca. 3 Wochen nutzen. Bis dahin steht nämlich unser Programm allmählich fest: In der kommenden Woche haben wir nochmal vormittags unseren Sprachkurs mit nachmittäglichen Exkursionen, am Samstag geht es dann ab in den Urwald, erneut mit der Sprachschule. Dort wird dann weiter gebüffelt, aber die Exkursionen werden etwas exotischer, mit Rafting und ähnlichem. Und wenn wir von den „Trockentieren“ dann genug haben, geht es, in zwei Wochen weiter zu den Meeresbewohnern. Wir gedenken, einen großen Teil unserer Reisekasse auf den Kopf zu hauen und fliegen auf die Galapagosinseln. Da wollen wir dann auf Schildkröten reiten…und so… Naja, tauchen wollen wir auch wieder, schließlich kann man dort mit Seelöwen und Delfinen unter Wasser spielen…wenn die Haie gerade nicht stören! Nach unserer bisher eher günstigen Reiseart (von diversen Kurzaufenthalten in 5-Sterne-Hotels mal abgesehen) werden wir dort endlich mal richtig tief in die Hochzeitsgeschenkekiste greifen können…

So, jetzt geht’s ins Einkaufszentrum, wir brauchen einen Friseur…

für Linus

was man nicht alles für seine Freunde auf sich nimmt

was man nicht alles für seine Freunde auf sich nimmt

 

Ihr müsst mir unbedingt ganz viele Kronkorken mitbringen. So ungefähr lautet die Bitte von Linus an uns. Wenn wir vorher gewusst hätten, welches Gesundheitsrisiko hinter diesem einfachen Wunsch steckt, hätten wir vielleicht nicht so schnell „klar kein Problem“ gesagt. Um an Kronkorekn zu kommen gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Da wir keine Lust hatten, nachts in Kneipen einzubrechen um die Mülleimer nach Flaschenverschlüssen zu durchforsten, blieb uns keine andere Wahl als das „dann trinken wir das Zeug halt“-Verfahren. Auf dem Photo seht ihr nun was dann mit einem passiert. Das aktuelle Getränk nennt sich Inca Cola. Es sieht aus wie gelöster gelber Textmarker und schmeckt wie eine Mischung aus Ahoi Brause und Patex Kleber (mit Zitronengeschmack). Welche meldepflichtigen Substanzen neben Koffein in ihr enthalten sind werden wir wohl nie erfahren. Naja was tut man nicht alles für Freunde. So nun muss ich aufhören hier warten noch drei weitere Getränke auf ihre Entdeckung. 

P.S. Lieber Wolf dein Hochzeitsschenk haben wir auch noch umgesetzt. Beweise wie immer unter Hochzeitsgeschenke

kleine Sinnkrise

Was sollen wir eigentlich hier ??

Neben dem Jet Lag stellen wir uns gerade die Sinn Frage. In  Buda waren wir Teil eines Teams und hier … sind wir „nur“  Touristen. Aktuell fühlen wir uns irgendwie fehl am Platz. Das Ganze drückt  die Stimmung. (Nein, es gibt keinen Grund für Mitleid, aber es ist halt auch nicht immer alles rosig).

Um die Zeit sinnvoll zu nutzen haben wir ein paar Bilder hochgeladen. Ihr findet sie unter „Impressionen“.

Außerdem haben wir unsere Dankesseite für die Hochzeitsgeschenke aktualisiert. Vielen Dank an Vanessa und Steffen, den Bonefelds, Sybille und Stefan, die Reisens und an meine Mutter. Die Beweisphotos findet ihr unter „Hochzeitsgeschenke“

P.S. heute ist übrigens Halbzeit unseres Trips

Jet lag

Also so ganz kriegen wir das hier gerade nicht gebacken. Heute Morgen sind wir um vier Uhr hellwach aufgestanden. Mittags waren wir natürlich total erschossen und nun um 1 Uhr nach kann ich nicht schlafen. Hab die Zeit genutzt um zwei neue Features auf der Seite zu installieren. Zum einen eine kleine Diashow in der rechten sidebar und zum anderen einen Übersetzer für diejenigen die unseren kram nun auch noch auf englisch oder cebuano (philippinisch) lesen wollen. Fotos folgen morgen.

LG aus Quito

angekommen

Nach 40 Stunden Reise, sind wir endlich in Quito angekommen. Die ersten Tapas sind gegessen und die ersten Gläser Wein getrunken.

Nun aber ab ins Bett den Jet Leg ausschlafen.

Danke, Buda!

„Er hat gesagt, dass sie Euch alle sehr vermissen werden.“ So die Übersetzung der Schwester in der Abendrunde, ein Vater hatte es gesagt, als er von unserer Abreise erfuhr. Ja, wir werden sie auch vermissen, all unsere Schäfchen, die Patienten und die Mitarbeiter. Auf unserer Abschiedsparty am Donnerstag wurde nochmal kräftig getanzt und gefeiert, wir haben unser Abschiedsständchen bekommen, haben ein bißchen geweint („You’re leaving on a jetplane…oh docs, we hate to see you go!“) und die Küchendamen haben unsere Lieblingsgerichte gezaubert.
Aber jetzt wird es Zeit…was war das für ein Abenteuer!!
Tschüß, Freunde…

Ihr macht es uns nicht leicht...

Abrechnung…

Der Abschied aus Buda fällt uns nicht leicht… Wir haben viel gearbeitet, oft sind wir abends völlig erschöpft ins Bett gefallen, und wurden doch nachts gleich wieder zu einem Kind gerufen. Wir haben unseren Auftrag hier verflucht, Rotz und Wasser geheult, uns für alles, eben auch Kinder, denen nicht mehr zu helfen war, verantwortlich gefühlt. Und jetzt sind die letzten Tage rum, die Taschen sind gepackt, Übergabe an die Nachfolgerin gemacht, und wir fragen uns natürlich: war es das wert? Die Antwort ist leicht: Ja!
Wir konnten etwas abgeben, manche würden es „Überschuss“ nennen. Unsere primäre Motivation, hierher zu kommen war, mal über unser privilegiertes Leben hinauszublicken, das Leben, in dem wir mit gutem Gehalt, 6 Wochen Jahresurlaub, funktionierendem sozialen Netz und gesetzlicher Krankenversicherung immer noch manchmal meinen Grund zum Jammern zu haben. Wir wollten endlich einmal etwas abgeben von unserem großen Glück. Dahin gehen, wo die Erreichbarkeit von Medikamenten, Operationen, lebensrettenden, und doch manchmal so banalen Behandlungen nicht so selbstverständlich ist, wie bei uns zu Hause. Schnell haben wir gemerkt, wie nötig die Hilfe gebraucht wird. Schon auf der Fahrt vom Flughafen nach Buda sahen wir den ersten, etwa 10-jährigen Jungen mit Klumpfüßen, offensichtlich unbehandelt, in Deutschland undenkbar. Aber auch Kinder, die nach tagelangem Husten „aus dem letzten Loch pfeifen“ und mit ein wenig Inhalation plötzlich wieder freier atmen können…die Dankbarkeit der Eltern war manchmal kaum zu ertragen. Wo in Deutschland Eltern schimpfen, weil sie in einer vollen Wochenend-Ambulanz auch mal 2 Stunden warten müssen, da sitzen hier Eltern mit z.T. schwerstkranken Kindern, und haben alle Geduld der Welt, würden niemals drängeln, weil sie wissen, die anderen Kinder sind auch krank, und sie vertrauen (zu Recht) darauf, dass jeder so schnell wie möglich – und nötig – drankommt. Diese Eltern haben uns eine wichtige Lektion in Bescheidenheit und Demut gelehrt…
Wir gehen auf Weltreise und wollen Kontakt zu anderen Menschen und Kulturen aufnehmen…das wohl schlimmste Wochenende in unserer Zeit hier war diesbezüglich wohl das beste. Wir hatten gar nicht darüber berichtet, am ersten Juli-Wochenende waren wir Bergsteigen. Mount Dulang-Dulang, zweithöchster Berg auf dieser Insel, wir nennen ihn liebevoll „Mount Glitschi“. Im strömenden Regen 8 Stunden durch z.T. knietiefen Matsch bergauf, Übernachtung im vollständig wasserdurchlässigen Zelt und am Folgetag 6 Stunden Schlitterpartie, erneut im Regen, bergab. Mehrfach landete einer von uns mit dem Hintern in Schlammlöchern, bei einzelnen sind auch ein paar Wuttränen geflossen (…), und doch möchten wir nicht auf die Erfahrung verzichten. Mit insgesamt 15 Personen, Schwestern/Pflegern und Bergführern sowie dem Pfarrer der örtlichen Gemeinde haben wir diese Anstrengung gemeistert, und durften den Einheimischen so nahe kommen, wie es wohl sonst niemals denkbar gewesen wäre.

Trotz regelmäßiger Arztwechsel wird man in Buda sofort herzlich aufgenommen, man darf an allen Feierlichkeiten und Vergnügungen teilnehmen, fechtet aber auch ähnliche Konflikte bei der Arbeit aus, wie daheim. Man ist „mittendrin statt nur dabei“ und in ruhigen Momenten erzählen die Kollegen bereitwillig über ihre Traditionen, Besonderheiten und erklären auch ihre Macken. So weist der Philippino mit den Lippen Richtungen an und bejaht Fragen stets mit einem stummen Hochziehen der Augenbrauen. Man hat versucht, uns sämtliche kulinarischen Besonderheiten probieren zu lassen, kann immer noch nicht verstehen, dass es uns vor den halbausgebrüteten Gänseeiern graut… Einen so engen und intensiven Kontakt wie hier hätten wir auf keiner Urlaubsreise finden können…
Allein auf weiter Flur…eine philippinische Kollegin mit 2 Monaten Erfahrung als einzige Unterstützung an unserer Seite, wir waren uns Assistenz-, Ober- und Chefarzt in Personalunion. Und dann noch Frühgeborenenintensivschwester und -pfleger (an dieser Stelle Elfriede, Traudl, Helga und all den anderen vielen Dank für die gute Ausbildung!), ganz nebenbei, irgendjemand musste ja auch die Frühchen zum Trinken bringen… Bevor wir zu diesem Abenteuer aufgebrochen sind, fürchteten wir manchmal leise, dass dies eine zu lange Pause in unserer Ausbildung darstellen würde, 8 Monate raus aus der „richtigen Medizin“, da kommt man ja als Anfänger zurück nach Aschaffenburg. Alle würden uns auslachen und ständig müsse man sich von jüngeren Assistenten korrigieren lassen. Und dann steht danach auch noch die Facharztprüfung an! Manches wird – Dagmar hat es schon wieder vorher gewusst – weniger wichtig, nach dieser Erfahrung hier. Wir haben dazugelernt! Inhaltlich mehr, als wir in einem Vielfachen der Zeit in Aschaffenburg gelernt hätten.

Wo ist die nächste Platzwunde? Ich näh Euch alles...

Und persönlich, wir können es nicht anders sagen, wir sind gewachsen an dieser Aufgabe. Entscheidungen treffen ohne oberärztlichen Telefon- oder Publikumsjoker, Verantwortung dafür zu tragen, und die jungen Kollegen anzuleiten. Nach wenigen Wochen meinte Marc schon das erste Mal: „ Das wär’s doch, das hier nur für uns zwei, als Praxis mit kleinem stationären Bereich!“ Stimmt, genauso würden wir uns die perfekte Arbeit vorstellen, nur leider gibt es unseres Wissens noch keine Finanzierung für derartige Projekte…
Was für eine gute Ausbildung wir, insbesondere in Aschaffenburg, genossen haben, ist uns ebenfalls in den letzten Wochen noch einmal klar geworden. Sowohl allgemeinpädiatrisch, als auch neonatologisch fühlten wir uns stets erstaunlich sicher, in dem was wir taten. Für den Einsatz in Buda braucht man schon einige Jahre Erfahrung, die German doctors schicken hierher nur Fachärzte, die Mindestberufserfahrung von 1,5 Jahren gilt eher für andere Einsatzorte. Für unsere gute Ausbildung können wir den entsprechenden Personen in Aschaffenburg nur danken (Herr Erhardt, wir werden Sie so vermissen…).
Wir wissen schon lange, dass wir ein gutes Team sind, hätten uns sonst weder auf das Abenteuer im letzten Jahr, noch auf dieses hier eingelassen. Wie gut wir aber miteinander funktionieren, uns vor allem auch ergänzen bei der täglichen Arbeit, das haben wir erst hier herausgefunden. Selbst in den schlimmsten Stresssituationen, bei Reanimationen oder im Kreissaal war nie lange Absprache nötig, wir haben einfach zusammengearbeitet. Und wir sind stolz auf das, was wir getan haben!
Und falls nach all diesen Argumenten immer noch einer Beweise sehen will, ob es sich gelohnt hat, uns vom Dienst freizustellen, so kommen hier, als Abschiedsgruß noch ein paar Fotos… Wir präsentieren Euch ein paar unserer schwerstkranken, unterernährten Kinder aus Buda – NACH ihrer stationären Therapie:

Gerade hatte sie noch eine schwere Lungenentzündung...

Hey, gib mir mehr zu essen!!!

Was für Grübchen...

Herzensbrecherin...

Herzfehler, aber oho...

Morgen, am 15. August verlassen wir Buda, fliegen von Davao nach Cebu, um am 16. August unseren Marathonflug zu beginnen: Cebu – HongKong – New York – Lima – Quito. Insgesamt werden wir etwa 40 Stunden unterwegs sein, incl. maximalem Flughafenaufenthalt von 3 Stunden. Melden uns dann von dort wieder…

bewegte Bilder

Nun gibt es uns auch in Bild und Ton.

http://aerzte3weltev.wordpress.com/
Unsere Tage in Buda sind gezaehlt. Katrin arbeitet gerade unsere Nachfolgerin ein.

Und, hat er gebohrt?

Mit Sicherheit nicht…wenn der Zahnarzt nach Buda kommt, bringt er keinen Bohrer mit, sondern eine ganze Reihe von Zangen.

Ran an die Arbeit...

Wir durften inzwischen dreimal zuschauen, wie Zähne im Akkord gezogen wurden. Der Aufwand und die Kosten für eine Füllung übersteigt bei weitem den Rahmen, der Ansturm der Patienten ist deutlich zu groß, und meist ist an den betroffenen Zähnen sowieso nicht mehr viel zu retten.
So wird also in unserem Tuberkulose-Haus ein Zimmer zur Zahnarztpraxis umgerüstet, und los geht es, einen ganzen Tag lang reihenweise Zähne entfernen. Ein Zahnarzt von Ärzte für die dritte Welt hat einmal erzählt, dass man, anders als in Deutschland, niemand zum Zähneziehen überreden muss, sondern dazu, einige Zähne drinlassen zu dürfen! Für die üblicherweise sehr weiche Kost hier braucht man keine Zähne, und jeder verbleibende Zahn ist nur potentielle Quelle neuen Ärgers. Nach dem, was wir in unseren täglichen Racheninspektionen zu sehen bekommen, sind wir dankbar für die allmorgendlichen Patientenfortbildungen, Bedingung für jede Behandlung bei den „German doctors“. Hier wird regelmäßig auch über Zahnpflege gesprochen, und so begegnen einem doch immer wieder ganze Familien, denen man zwar ansieht, dass Geld für Zahnbürste und Zahnpasta knapp ist, dennoch sind die Zähne gepflegt. Wahrscheinlich spielt hier aber auch das fehlende Geld für Süßigkeiten eine Rolle…

Grüße aus der Heimat…

Wir hatten zwei eher schwierige Wochen…extrem viel Arbeit, viele schwer kranke Patienten, einiges ist uns ganz schön an die Nieren gegangen. Und dann passiert was gutes, genau im richtigen Moment: es kommt ein Zeichen, dass wir zu Hause nicht vergessen sind! Unsere NME-Mädels aus Aschaffenburg haben für uns gestrickt und gesammelt, und haben uns ein dickes Paket voller Mützchen, Söckchen, Babykleidung, Fotos von daheim (wunderschön, von Waltrauds Mann!) und Liebe geschickt.

Da gab es ein großes „Hallo!“ auf unserer Station, die Schwestern und Hebammen rissen sich alles gegenseitig aus den Händen, und unsere frisch aufgenommenen Zwillinge (einen Monat alt, jeweils nicht mal 2 kg schwer, leben bei der Oma, weil die Mutter…nicht mehr da ist…) wurden sofort im Partnerlook eingekleidet. Endlich keine kalten Füße mehr!

Danke für den tollen Schnuller!

Und der kleine unterernährte Junge, der zufällig gerade auf Mamas Arm vorbeikam hat auch endlich warme Ohren, dank Helma…
Mädels, Ihr seid die Besten, schön, daß es Euch gibt!

Für alle, die sich wegen irgendwelcher philippinischer Überschwemmungen Sorgen um uns gemacht haben: wir haben nur durch Anrufer aus Deutschland davon erfahren. Bei uns ist es weiterhin erstaunlich sonnig, die Flut hat noch ein zweites Mal an die Tür geklopft, ist aber nicht reingekommen. Und wir sind auf 900 Metern Höhe, da gibt’s vielleicht manchmal nasse Füße, aber für eine gefährliche Überschwemmung sollte es nicht reichen.